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  Hannelore Fielhauer Oktober 1976

INHALT



1. Geschichte der Suppe

1.1. Etymologie

Das niederhochdeutsche Wort Suppe geht auf ein mittelniederdeutsches Wort „supen“ (= mit dem Löffel essen) zurück und müsste in unserem Sprachraum aufgrund der Sprachentwicklung eigentlich „Supfe“ heißen. Daneben stand aber auch das mittelhochdeutsche „supen“ (= saupen). Beide Wörter gehen zurück auf ein erschlossenes idg. „sub-„ und altind. „sup-„ in „supah“ (= Brühe, Suppe). Beide sind Erweiterungen der idg. Wurzel „Seut-„ (= Saft, Feuchtes), die den Laut wiedergibt, mit dem man Flüssiges aufschlürft. Aus diesen beiden Wurzeln wurde im 14. Jh. das nhd. Wort „Suppe“ gebildet und bei Meister Eckhardt (1327) als „suppelin“ erwähnt. 1419 übersetzte ein Vocabularium „brodium“ mit „ein supp oder brüe“. (1)

1.2. Begriffsbestimmung

Die Auswahl an für menschliche Ernährung geeigneten und zur Verfügung stehenden Rohstoffen war schon in urgeschichtlicher Zeit recht erheblich. Die Möglichkeiten der Zubereitung blieben aber infolge der Einfachheit der Feuerstätten bis herauf ins Mittelalter eher begrenzt. Die einfachste Art, die Nahrung für Menschen genießbar zu machen, waren das Braten auf dem Spieß oder das Aufbereiten des Kochguts mit Flüssigkeit in einem dafür geeigneten Gefäß. Die zweite Art führte je nach Art der Rohstoffe und der Menge der verwendeten Flüssigkeit zur Herstellung von Brei (Getreideprodukte, wenig Flüssigkeit) oder Brühe (Fleisch, Gemüse, viel Flüssigkeit). Allerdings sollen etwa die Griechen zur Zeit Homers das Kochen von Fleisch in Wasser noch nicht gekannt haben. (2)

Das Fehlen der Bezeichnung – das Wort Suppe ist bis zum 14. Jh. quellenmäßig nicht belegt – erlaubt nicht unbedingt den Schluss, dass auch die Sache unbekannt war. Suppenähnliche Gerichte wie Brei oder Brühe mit mehr oder weniger festen Bestandteilen wurden im frühen Mittelalter je nach Festigkeit mit den Händen gegessen, mit Brot aufgetunkt oder aus Tassen getrunken, da der Gebrauch von Löffeln nicht allgemein üblich war.

Die zunehmende Verfeinerung der Kochkunst und Esskultur im Spätmittelalter förderte dann wohl auch die Entwicklung der Breie und Brühen zu dem, was wir heute Suppe nennen: eine gut gewürzte, mehr oder minder flüssige Speise, die durch das Kochen von Getreideprodukten, Gemüse oder Fleisch entsteht, wobei mehr Flüssigkeit zugegeben wird, als für den Garvorgang unbedingt erforderlich wäre. Sie kann, aber muss nicht, durch verschiedene Beigaben oder Einlagen angereichert werden. (3)

1.3. Historisch fassbare Entwicklung

Speisen haben ganz spezielle Traditionsprobleme: „Mit vielen anderen Kulturgütern haben sie die Fragen gemeinsam, ob man auch dann noch von Kontinuität bzw. Konstanz sprechen soll, wenn z.B. der Zucker im Mittelalter Luxusspeise weniger reicher Leute war, im 19. und 20. Jh. aber zur gewöhnlichen Alltagsspeise der Landbevölkerung gehörte, wenn als ein Kulturgut damals wie heute in Funktion war, aber jeweils bei anderen sozialen Schichten; und ferner: Sollen wir die Begriffe auch dann in Anspruch nehmen, wenn die Überlieferung nur in einem weiten geografischen Rahmen gewahrt ist, wenn z.B. das in vorgeschichtlicher Zeit in Mitteleuropa allgemein bezeugte ungesäuerte Fladenbrot im 19.Jh. nur noch in einigen Reliktgebieten der Alpen und Skandinaviens anzutreffen war?“ (4)

Wiegelmann schlägt daher vor, nicht von Kontinuität, sondern von Konstanz eines Kulturgutes zu sprechen. Zu berücksichtigen sei ferner die Stellung der Speise in den Mahlzeiten, ob sie zu hohen Festen oder als Alltagskost verabreicht wird und die Frage der Zubereitung. Diese wieder erlaubt – selbst bei klar begrenzten Speisen wie etwa Haferbrei (Variationsbreite in der Konsistenz von Suppe bis Brot) zahlreiche Varianten und ist außerdem abhängig von der Wirtschaftsform, der Jahreszeit, der Erntequalität und der allgemeinen Wirtschaftslage.

Auf die Suppe angewendet ergibt sich: Als Speise an sich, wenn auch nicht mit der Bezeichnung, ist sie sicher sehr alt: Jungsteinzeitliche Funde in der Schweiz brachten Geräte zur Brei- bzw. wahrscheinlichen Suppenherstellung zu Tage. (5) Strabo berichtet von den Franken, Schwaben und Thüringen, dass sie gesottenes und gebratenes Fleisch gegessen hätten; Plinius berichtet von Haferbrei und –mus, sowie von Schweinefleisch, das „gebraten und gesotten mit geeler Brüh“ eine besondere Spezialität gewesen wäre. (6) Antimus, ein Gelehrter am Hofe des Frankenkönigs Theoderich im 6. Jh., beschreibt die damals üblichen, allerdings offensichtlich oberschichtlichen Kochtechniken: Fleisch und Fisch wurden gesotten und gebraten; eine Art Milchsuppe wurde durch Einwerfen glühender Steine in die Milch hergestellt. (7)

1.3.1. Suppe als Speise sozialer Schichten

Im Mittelalter, für das wir das Aufkommen des Begriffes ansetzen konnten, entwickelte sich die Suppe sozusagen in zwei Richtungen: im bäuerlichen bzw. unterschichtlichen Bereich bleibt oder wird die Suppe neben dem Brei Tageshauptmahlzeit. Im oberschichtlichen Bereich wird sie aufgrund der zunehmenden Verfeinerung der Kochkunst zur delikaten Vor- oder Nachspeise, die der Anregung des Gaumens und der Verdauung dienen soll. (8)

Wurden in zeitgenössischen Berichten die Bauern wegen ihrer kärglichen Kost beklagt, so gab es auf der anderen Seite Speisevorschriften und – verbote für die allzu üppig speisenden Wohlhabenden. So verzeichnete etwa eine Speisevorschrift für die Dienstboten im „pauhof“ des Chorherrenstiftes Indersdorf in Oberbayern aus dem Jahr 1493: „… gibt man zu morgens knechten und diern und allen die gedingt sein zu dem pauhof, ein wasser suppen mit ainem schweinen schmaltz, genannt sein räbl.….Item gen der nacht ain milich suppen, genannt gräman.“ (9)

Als die Humanisten begannen, sich des Alltags bewusst zu werden, schrieb Johannes Boemus 1520 in seinem Werk über das Leben der deutschen Stämme: „Geringes Brot, Haferbrei oder gekochte Bohnen bildeten die Speise der Bauern.“ 1545 steht in der Cosmographia, der Weltbeschreibung, des humanistischen Gelehrten Sebastian Münster: „Diese (Anm.: die Bauern) fürn gar ein schlecht und niederträchtig Leben. .. . Ihre Speis ist schwartz rucken Brot, Haberbrey und Linsen, Wasser und Molken ihr fast einziger Trunk.“ (10) Bohnen und Erbsen verordneten die strengen Ordensregeln des Hochmittelalters auch den frommen Klosterbrüdern (11) (z.B. im Kloster von Tegernsee eine „supen von swartze Bohnen“ (12)), die diese Kost nicht sehr geschätzt haben sollen.

Im Gegensatz zu diesen eher dürftigen Speisezetteln steht ein im Jahr 1482 erlassenes Verbot gegen unmäßiges Essen und Trinken der erzgebirgischen Bergleute: „Es wurde angeordnet, diese sollten bei 18 Groschen Wochenlohn täglich mittags und abends mit vier Essen, Suppen, zweierlei Fische und Gemüse, an Festtagen aber mit fünf Essen, Suppen, zweierlei Fischen und zwei Zugemüsen zufrieden sein.“ (13) Rund hundert Jahre später gab die Stadt Linz anlässlich eines großen Schützenfestes ein Festessen mit sechs Gängen. Der erste Gang nannte sich „Hühnersuppe mit gebähten Schnitten und feingeschnittenem Rauchfleisch“, der letzte „Reis in Suppe und gesottene Krebse“. (14) Philippe Welser (1497 – 1572) liebte „Ramsuben mit Kernla (Rahmsuppe mit Sago), während ihr Mann, Erzherzog Ferdinand II. von Österreich, „Fleysch in wirtzkreuter gesoten“ oder „grawe suben mit hennerfleisch“ mehr schätzte. (15) Bartolomo Scappi erfand für seinen Herrn, Papst Pius V. (1504 – 1572), die berühmt gewordene Lombardische Suppe (suben von Lombardey) aus Karotten, Käs, Traubensaft und Eiern, gewürzt mit Thymian, Pfeffer, Nelken, Zimt und Safran. Dem Rezept ist angefügt: „wird die Suppe zu dünn, so gib geriebenes Brot hinzu, wird sie zu dick, so füge frische Butter bey.“ Ludwig XIV. (1638 – 1715) wiederum ließ sich täglich vier verschiedene Suppen servieren und machte sie dadurch salonfähig. (16)

Bekannt gemacht wurden diese feinen Suppen durch eine steigende Zahl von Kochbüchern. Das älteste, gedruckte Kochbuch mit dem Titel „De honesta voluptate et valitudine“ wurde vom päpstlichen Bibliothekar Bartholomäus Sacchi (1421 – 1481), genannt Platina de Cremona, verfasst. In Deutschland erschien 1483 die Nürnberger „Kuchelmaisterey“. Für die Geschichte der „gehobenen Suppe“ ist das Kochbuch des kurmainzischen Hofkoches Marx Rumpolt, erschienen 1587 in Frankfurt, von Bedeutung. Denn außer dass es bereits 63 verschiedene Suppen präsentiert, schlägt es die Suppen nur für die ersten Gänge der Mahlzeit, als Vorspeise sozusagen, vor. (17)

1.3.2. Suppe und Wirtschaftsform

Suppe im heutigen Sinn war im Mittealter also eher eine oberschichtliche Speise, während die einfachen Leute bis ins 20. Jh. darauf angewiesen waren, sich von dem zu ernähren, was sie selbst erzeugen konnten: Milch, Getreideprodukte, wenig Gemüse und noch weniger Fleisch. Die Alltagskost war nicht sehr abwechslungsreich: „Besonders ausgeprägt war die regional gebundene Monotonie der Alltagsspeisen. Sie steht in Zusammenhang mit der bäuerlichen Wirtschaftsstruktur.“ (18) Was Herrig hier ganz allgemein für das Nahrungswesen in der Eifel feststellt, kann auch überregional auf Suppen ausgedehnt werden. Wiegelmann (19) weist eine jahrhundertelange Konstanz bei Speisen nach, die an lokalen Anbau gebunden sind: Hirse wurde z.B. im südlichen und östlichen Mitteleuropa von der Jungsteinzeit bis ins 19. Jh. kontinuierlich angebaut und findet sich ebenso kontinuierlich als Brei und Suppe im Speisezettel der steirischen Bauern. (20) Stellenweise allerdings verdrängte schon in der Bronzezeit der Hafer die Hirse. Der Buchweizen hingegen, als unempfindliche Pflanze besonders für raue Gegenden geeignet, kam erst im 15. Jh. zur Blüte, behauptete dann allerdings seinen Platz am Küchenzettel der Alpenländer. Im 18. Jh. erhielten Hirse, Hafer und Buchweizen Konkurrenz durch die Erdäpfel.

Gestatten Hirse, Hafer und Buchweizen Rückschlüsse auf ihre Zubereitungsart (fast immer als mehr oder minder dicker Brei, Übergang zur Suppe fließend), so erlaubt der Kartoffelanbau keinerlei Rückschlüsse auf die Zubereitungsart, da die Skala der Möglichkeiten zu groß ist. Die Erfindung der Kartoffelsuppe durch den französischen Chemiker und Militärpharmazeuten Antoine Augustin Parmentier (1745 – 1813) soll zur Verbreitung der Kartoffel beigetragen haben. Fest steht allerdings nur, dass Parmentier sich um die Einführung der Erdäpfel in Frankreich bemühte, wie weit dies tatsächlich durch die Suppe erfolgte, kann nicht wirklich nachgewiesen werden. (21)

Ähnlich wie mit den Erdäpfeln verhält es sich mit der Milch als Suppenbasis. Die Variationsmöglichkeiten der Zubereitung sind zahlreich. Vollmilch wird aus Sparsamkeitsgründen (22) und wegen der Konservierungsschwierigkeiten weniger oft verwendet als Sauer- oder Dickmilch, Schotten und Buttermilch (Rückstände beim Buttern und Käsen). So aß man etwa um 1800 im Bayrischen Wald: „…frühe die sauere Suppe … und endlich das Nachtessen, das meistens in einer sauern Suppen und Erdäpfeln besteht.“ (23) Grundbestand dieser sauren Suppe war die sogenannte „Hirgstmilli“ (Herbstmilch): „Im ehemals so armen Bayrischen Wald hatten die meisten Leute große Sorgen um die winterliche Verpflegung. Deshalb fingen sie im Herbst an, ihre Milch zu sammeln und schütteten sie in einen großen Bottich … Die Milch wurde dann sauer und dick. Gelegentlich nahm man die oberste Gärschicht ab und ersetzte sie durch frische Milch, die wieder untergerührt wurde. Kluge Hausfrauen hatten dabei herausgefunden, dass die Zugabe von etlichen Weinbeeren die Gärung sehr förderte und auch den Geschmack wesentlich verbesserte. Täglich haben sie dann einen guten Schöpflöffel voll von dieser dicken Milch genommen und mit ein bis zwei Esslöffel Mehl verrührt. Diesen Brei ließ man in kochendem Wasser kurz sprudeln. Nach der Zugabe von etwas Salz war die Kas- oder Schodsuppen … fertig. Man hat sie heiß oder kalt oder auch aufgewärmt mit Kartoffeln oder Brot morgens und abends gegessen.“ (24)

Schottensuppe aß man auch in Österreich. Aber nicht immer war damit saure Milchsuppe gemeint. Schotten nannte man auch die zurückbleibende Flüssigkeit beim Buttern, aus der man auf ähnliche Art und Weise Suppe kochte. (25)

Milch und Milchsuppe konnten sowohl Haupt- als auch Zuspeise sein. 1785 beschreibt Karl Ehrenbert von Moll das Melkermus: „Dies fette Mus ist die ordentliche Speise der Melker; anstatt Suppe essen sie dazu ein Gemisch von Schotten und Molke, das sie Zusuf nennen.“(26)

Fleischsuppen bleiben im bäuerlichen und Unterschichtbereich dem Schlachttermin und Festtagen vorbehalten.

Die Art der Nahrung war aber nicht nur von der Wirtschaftsform (Viehzucht oder Ackerbau) abhängig, sondern auch von technischen Voraussetzungen, wie Feuerstelle und Heizmaterial. A. Gamerith stellte für die Steiermark fest, dass in der Südostecke des Landes (Ackerbau) im geschlossenen Heizraum des Ofens gekocht wurde, was Hantierungen während des Garens erschwert. Im Nordwesten hingegen (Viehzucht) wird am tischhohen, offenen Herd gekocht, der eine genaue Kontrolle des Kochvorgangs und das Einrühren des Kochgutes in siedende Flüssigkeit erlaubt. Feuerstättenneutral sind alle in Wasser weich zu kochenden Materialien wie Fleisch, Bohnen, Kraut, Erdäpfeln. (27)

Im Burgenland brachte eine Wertänderung des Holzes veränderte Kochweisen mit sich: Ursprünglich im Überfluss vorhanden, wurde das Holz durch die Industrialisierung zur Handelsware. Das Kochen auf der Feuerbank unter Verwendung von Reinen mit Füßen, was die Herstellung von Einbrenn, Sterz und Suppe begünstigte, musste dem holzsparenden Kochen auf dem Sparherd weichen, wodurch sich auch die Speisegewohnheiten änderten. (28) Auch Änderungen der oft kleinräumigen Handelsbeziehungen bewirkten eine Änderung der Speisegewohnheiten: Als der Verkehr mit den Windischen im steirischen Murau, woher die Linsen kamen, zum Erliegen kam, verschwand auch die Linsensuppe vom Speisezettel der burgenländischen Heinzen. (29)

1.3.3. Nahrungsgewohnheiten in den Städten

Anders war die Lage in den Städten. Einerseits waren die Städter bei der Speisenzubereitung auf die Produkte angewiesen, die ihnen das Umland lieferte, andererseits hatten sie Möglichkeit, Neuerungen rasch aufzunehmen und an das Umland wieder abzugeben. Trotz der Anlieferung der Rohstoffe aus dem Umland sind bäuerliche Suppen am städtischen Speisezettel aber kaum vertreten. Die dafür notwendigen Zutaten behielten sich die Lieferanten für den Eigenbedarf.

Die städtische Suppenbereitung hatte daher andere Voraussetzungen. Als Beispiele seien Wien und Linz angeführt:

„Wien ist durch seinen Konsum an Rindfleisch besonders bekannt geworden, das in der einfachsten Form des ausgekochten Suppenfleisches jahrhundertelang als Volksnahrungsmittel galt.“ (30) Lieferant für diese Unmengen von Rindfleisch, auf die selbst während der Napoleonischen Kriege nicht verzichtet wurde, war vor allem Ungarn. Da es also meist gekochtes Fleisch gab, wurde das Mittagessen in der Regel meist von einer Fleisch-(Rind-)suppe mit entsprechender Einlage eingeleitet. Die Wiener Küche war sehr geschätzt. Ein 1717 erschienenes Kochbuch „Ein gantz neues und nutzbahres Kochbuch“ war sogar in der Schweiz bekannt (31) und 1784 rühmte F. Nicolai, deutscher Schriftsteller und Verlagsbuchhändler, in seiner „Beschreibung einer Reise“ die Wiener Küche (32).

Auch in Linz aß man seit dem 16.Jh. Fleischbrühe zu Beginn der Mittagsmahlzeit und oft auch am Abend. Der Wochenspeiseplan im Schülerheim der protestantischen Landschaftsschule aus dem Jahr 1579 verzeichnete für jeden Tag außer Freitag „Brühe und Fleisch“ und für Freitag eine „Arbes-(Erbsen-)Suppe“. Im bürgerlichen Waisenhaus, in dem es sicher nicht so hoch herging wie in der adeligen Landschaftsschule, gab es um 1720 täglich mittags und abends Suppe; und da es anschließend auch Rindfleisch gab, ist anzunehmen, dass es sich um Rindsuppe handelte. Selbst als die Napoleonischen Kriege und etliche Missernten den Gürtel enger schnallen ließen, erhielten die Insassen des Linzer Strafgefangenenhauses am Sonntag eine „gute Fleischbrühe“, an den übrigen Tagen allerdings nur eine Einbrenn- oder Säuersuppe zum Beginn der Mahlzeit.

Um 1890 aß eine mittlere Linzer Beamtenfamilie mittags und abends Rindsuppe, auf deren Zubereitung viel Sorgfalt verwendet wurde: „Täglich wurden 1 Kilogramm Knochen, 1 Stück Leber und viel Wurzelwerk geröstet, um die Suppe schmackhaft und schön gefärbt zu erhalten. Jedes Fettauge wurde sorgsam entfernt. In die Mittagssuppe kamen kräftige Einlagen, wie Nockerln, Knödel, Schöberln, Strudel, Brotschnitten mit einem Ei für jede Person… am Abend Suppe mit Teigeinlagen, wie hausgemachte Nudeln, Fleckerln, geriebenem Gerstl, Reis…“(33)

An den Speisegewohnheiten der Großstädter orientierte sich in der Folge die Bürgerklasse der Kleinstädte und Märkte auf dem Land. In Waidhofen a.d.Thaya in Niederösterreich aß man 1874 eine so genannte Hausmannskost, welche „zu Mittag aus 3 Speisen, nämlich einer Suppe mit allerlei Eingekochtem, Rindfleisch und aus Zugemüse besteht …Das Nachmahl ist gewöhnlich auf 2 Speisen, Suppe und Zugemüse beschränkt.“ (34)

1.3.4. Internationalisierung, Industrialisierung

Im 19. Jh. begannen sich die Unterschiede in den Speise- bzw. Suppengewohnheiten zu verwischen. Steigender Wohlstand durch die Ausweitung des Handels und die Bildung von Konsumgenossenschaften ermöglichten den unterprivilegierten Schichten eine allmähliche Übernahme der städtischen und oberschichtlichen Gewohnheiten, zumindest bei Festmählern. Dazu kam ein Aufschwung der Kochbuchliteratur, der sich auch im ländlichen Haushalt bemerkbar machte. 1858 gab Katharina Prato „die Süddeutsche Küche“ heraus, ein „Leitfaden für Anfängerinnen und vorzüglich für angehende Hausfrauen“, der selbst heute noch mancher Köchin aus der Verlegenheit hilft und in Antiquariaten ein teuer gehandeltes Objekt ist.

Die Ausbildung in Haushaltungsschulen in der 2. Hälfte des 19.Jh. war ein weiterer Faktor bei der Nivellierung der Speisegewohnheiten. Landmädchen verdingten sich als Dienstmädchen in die Stadt und förderten zusätzlich den Austausch zwischen bürgerlicher und ländlicher Küche. Das Fleischessen ergänzte bzw. ersetzte zunehmend die frühere fette Mehlkost mit Knödeln und Nudeln.

Die Konservierung von Nahrungsmitteln stellte ein leidiges Problem dar. Dies gilt sowohl für Gemüse als auch Fleisch.

Im 17.Jh. wurde in England getrockneter Fleischextrakt in den privaten Haushalten, die „portabel soup“, z.B. als Reiseproviant hergestellt. Zu Beginn des 19. Jh. erfolgten denn erste Versuche der Industrialisierung. Zunächst stellte man in Dosen Gemüsekonserven her, zerbrach sich aber auch den Kopf, um eine weniger langwierige Fleischkonservierung als die bisher übliche (Räuchern) zu finden, vor allem auch um den zeitraubenden Kochvorgang abzukürzen, da im Zeitalter der Industrialisierung immer mehr Frauen, vor allem aus den unteren Schichten, berufstätig wurden.

Der Durchbruch gelang 1821 den französischen Chemikern Proust und Parmentier, die aus gelatinierter Fleischmasse die ersten „Bouillontafeln“ herstellten, die zunächst als Verpflegung für die Besatzung von Schiffen eingesetzt wurden. In Wasser aufgelöst ergaben sie eine mehr oder minder schmackhafte Suppe. 1857 ermöglichte die Verbesserung von Justus von Liebig die Herstellung des Fleischextraktes im Großen. Liebigs Ziel, ein billiges Nahrungsmittel für die arme Bevölkerung herzustellen, wurde allerdings nicht erreicht. Der Fleischextrakt wurde als Truppenverpflegung in diversen Kriegen eingesetzt und diente im 1. Weltkrieg als eiserne Reserve der Soldaten.

Andere Wege beschritt der Berliner Koch und Konservenfabrikant Johann Heinrich Grüneberg (1819 – 1872) mit der Erfindung der Erbswurst 1867. Er verkaufte seine Erfindung an den preussischen Staat und produzierte in seiner Fabrik bis zu 65 Tonnen Erbswurst pro Tag. Die Erbswurst wurde wie Liebigs Fleischextrakt von der deutschen Heeresleitung als eiserne Ration für die Soldaten im deutsch-französichen Krieg eingesetzt. Sie bestand aus einer Mischung von Erbsenmahl, Speck und Gewürzen, die in Hülsen aus Pergament gepresst wurde und in Wasser aufgekocht eine vollwertige Mahlzeit ergab.

1873 begann der Gemischtwarenhändler Carl Heinrich Knorr (1800 – 1875) in Heilbronn in Westfalen mit der Herstellung von Trockensuppen aus Hülsenfrüchten, Gemüsen und Gewürzen. Seine Söhne legten Versuchsgärten zur Verbesserung der Zutaten an und produzierten nach Suppenpulver, Erbwurst und Tabletten 1910 die ersten Suppenwürfeln.

Weitere Verbesserungen und vor allem eine deutliche Verbilligung der „Trockensuppen“ gelang dem Schweizer Mühlenbesitzer Julius Maggi (1846 – 1912), der der Unterernährung der armen Bevölkerungsschichten vorerst mit getrockneten Hülsenfrüchten beizukommen versuchte. 1876 erschien die „Maggi-Würze“, ein reines Laborprodukt, in den charakteristischen braunen Flaschen auf dem Markt. Sie war geeignet und wahrscheinlich auch dafür gedacht, die „faden Suppen“ aus Hülsenfrüchten, ohne ausreichend Fleisch und Gemüse, schmackhaft zu machen und stand bald als Würzmittel nicht nur für Suppen, sondern auch für andere Speisen in den Haushalten. (35)

1.3.5. Armensuppe

Die Armenpflege lag Jahrhunderte hindurch ausschließlich in den Händen privater Wohltäter und der Klöster (Klostersuppe). Kriege, Missernten und Teuerung führten jedoch zu Hungersnöten, denen von privater Seite nicht mehr gesteuert werden konnte. So verordnete etwa 1525 der Rat von Zürich, dass „man alle Tage einen Kessel mit Hafermehl, Gerste oder anderem Gemüse zu den Predigern (also im alten Predigerkloster) koche und dieses Mus samt Brot austeile, sobald die Morgenglocke ausgeläutet habe.“ (36)

Die Zusammensetzung dieser Klostersuppe bestätigte Wiegelmanns Aussage, dass in Notzeiten auf die Grundnahrungsmittel zurückgegriffen wird: „Davon kann man selbst in Notzeiten ein Minimum nicht entbehren. Dagegen gehören Fleisch, Zucker, Südfrüchte, Konfekt u.ä. zu den relativ elastischen Nahrungsmitteln. Man kann diese, den Volkswirten geläufige Regel dahin ergänzen, dass in Notzeiten auch die komplizierten Zubereitungen wegfallen. Man beschränkt sich auf eine schonende Speisebereitung, bei der kein Einbraten des Fleisches, Verdampfen des Fettes und Wegschütten des Gemüsewassers zu Verlusten der so knappen Nährstoffe führt und bevorzugt Suppen, Breie und Eintopfgerichte. (37) An diese Regel hielten sich auch die Köche der zu Beginn des 18. Jh. überall in Europa von öffentlicher Hand ins Leben gerufenen Speiseanstalten, „Suppenanstalten“ für Bedürftige. Ein gewisser Th. Bernhard, der Schatzmeister eines Londoner Findelhospitals etwa gründete in London eine „suppenbrauerei“ und empfahl Gerstenmehl mit Kleie als Substanz für eine billige Suppe, wovon er einen Liter für einen Penny verkaufte.

Am berühmtesten wurden die Speiseanstalten des Benjamin Thompson, Grafen von Rumford (1753 – 1814), eines amerikanischen Mechanikers, der es bis zum bayerischen Staatsrat und Adjutanten des Prinzen brachte. Er gründete die erste dieser Anstalten in München und erfand die nach ihm benannte Armensuppe, die Rumfordsche Suppe: Wasser, Kartoffeln, Graupen, Erbsen, Salz und Weinessig oder sauer gewordenes Bier wurden stundenlang gekocht. Dazu kamen auf je hundert Portionen Suppe (ca. 50 Pfund Kartoffeln) drei Pfund Fleisch, das fast so klein wie Gerstenkörner geschnitten werden musste, „um den Gaumen zu kitzeln“. Die Suppe war nach dem stundenlangen Kochen so gallertartig dick, dass sie nicht mehr vom Löffel fallen konnte. (38) Statt Fleisch konnte auch Fisch verwendet werden. (39) Diese Rumfordsche Suppe wurde ab 1802 auch in Linz täglich von 11 bis 12 Uhr aus einem Fenster des Prunerstiftes ausgeschenkt. Die Portion kostete einen Kreuzer und betrug 1 ½ Seidel (0,451 l). Die Abnehmer hatten, wie bei der Klostersuppe, das Geschirr selbst mitzubringen. Einkauf der Zutaten und Verkauf der Suppen wurden behördlich überwacht. (40)

2. Suppe als Alltagskost

Suppe wurde schließlich zu einem wichtigen Bestandteil aller Mahlzeiten, wodurch sie sogar namengebend wurde: Morgen-, Mittags-, Abend-(Nacht-)suppe, Hochzeits-, Totensuppe. (41) Die Integration der Suppe in den Alltag war so vollständig, dass man etwa mancherorts in Niederösterreich nicht einfach zum Essen zu rufen pflegte, sondern zum Suppenessen rief. (42)

Die allgemeine Beliebtheit der Suppe führte bei den Heinzen (Hienzen oder Heanzen, Bewohner eines Teils des mittleren und südlichen Burgenlandes) zum Spitznamen „Suppenschwaben“. Aufschluss über Speisegewohnheiten und zugleich die ökonomische Situation der Heinzen gibt auch ein Bericht aus dem Jahr 1863: „Die Speisen der Österreicher schwimmen im Fett, die der Heanzen im Wasser, bei diesen sind „Grundbirn“ (Erdäpfel) und „Bohnln“, zu gewissen Zeiten Sauerkraut und „Geselchtes“ ein beliebtes Leibessen, bei den Österreichern der Nachbarschaft das Schöberl in der fetten Suppe und das neunhäutige Schmalzkoch.… Das warme Frühstück fehlt aber weder bei den einen noch bei den anderen und wie der Heanze sein eingebranntes Salzwasser mit Erdäpfeln verzehrt, so hält sich jener bei der Knöderlsuppe schadlos.“ (43)

2.1. Morgensuppe

Vor dem Bekanntwerden des Kaffees im 18.Jh., in Österreich sogar erst im 19. Jh. und später, bestand die Morgenmahlzeit bei hoch und niedrig durchwegs aus Brei oder Suppe. Man denke an die schon erwähnten Zitate von der Speise der Dienstboten im „pauhof“ des Chorherrenstiftes zu Indersdorf: „…zu morgens ain wasser supen mit ainem schweinen schmaltz…“ und aus dem Bayrischen Wald: „…frühe die sauere Suppe…“ Selbst an Festtagen pflegte man das Frühstück nur geringfügig zu ändern: „Ostersonntag: Morgens Suppe, wie gewöhnlich…“ (44) Dass diese Regel auch für die Oberschicht galt, geht aus der Prinzen-Instruktion aus dem Jahr 1584 hervor, die Schmeller zitiert: „Umb acht Uhr ist die Zeit ein Morgensüpple zu nehmen.“ (45)

Durch die Ausbreitung des Kaffees wurde die Suppe allmählich aus ihrer Vorrangstellung verdrängt, die Bezeichnung für die Morgenmahlzeit aber beibehalten. Der „Atlas der deutschen Volkskunde“ verzeichnet, dass in den Dreißigerjahren in ganz Westösterreich bis herein nach Niederösterreich als erste Morgenmahlzeit vorwiegend „Suppe, Brei und Kartoffeln“ gegessen wurden. Im niederösterreichischen Alpenvorland bis über die Donau und in der Südoststeiermark aß man „teils Kaffee, teils Suppe“ und schließlich in der Umgebung von Wien „Kaffee“. Dementsprechend erstreckt sich das Gebiet, wo man das Frühstück als „Suppe“ bezeichnet, über Westösterreich, Oberösterreich und westliches Niederösterreich. (46) Selbst vor 30, 40 Jahren war es in einigen Gegenden von Niederösterreich (z.B. Wieselburg) fallweise noch üblich, das morgendliche Kaffeetrinken als „Suppenessen“ und den Kaffee als „Suppe“ zu bezeichnen. (47)

Selbstverständlich vollzog sich dieser Wandel nicht schlagartig, sondern drang von der Oberschicht langsam in die unteren sozialen Klassen ein. Ein schönes Beispiel für das Parallellaufen von Morgensuppe und Morgenkaffee bietet der schon in Auszügen zitierte Bericht aus Waidhofen a. d. Thaya aus dem Jahr 1874: „…zum Frühstück wird bei vermöglichen Bürgern Milchkaffee, von dem Hausgesinde, Handwerksgesellen und der gemeinen ärmeren Bürgerklasse eine sauere Milchsuppe mit etwas Rahm und Mehl versetzt genommen…“ (48) Die gleichfalls schon erwähnte Linzer Beamtenfamilie aß zum Frühstück Milchkaffee und Weißgebäck; die Soldaten der Linzer Garnison wurden am Morgen mit Kümmelsuppe verpflegt. (49)

Regionale Unterschiede in der Art der Morgensuppen lassen sich eher schwer feststellen. Meist handelt es sich um Suppen auf Milchgrundlage. War diese nicht verfügbar, griff man auf stark mit Mehl eingedickte Suppen, wie Einbrennsuppe u.ä. zurück. An Tagen, an denen schwere Arbeiten zu verrichten waren, pflegte man sie auch ausgiebiger zu gestalten.

Burgenland:
Man aß am Morgen Suppe mit eingebrocktem Brot. Die Suppe wurde vom Kochtopf direkt in eine irdene Suppenschüssel umgefüllt, die man in die Mitte des Tisches stellte. Um die Mitte des 20. Jh. war es noch allgemein üblich, sogar den Kaffee aus einer Schüssel zu essen. Typische Frühstückssuppen waren. Einbrennsuppe (Einbrenn aus Mehl und Fett, mit kaltem Wasser aufgegossen, mit Salz, Knoblauch und Kümmel gewürzt), Knoblauchsuppe, Grundbirn-(Erdäpfel-)suppe, Rahmsuppe (Rahm mit Mehl versprudelt, in siedendes Salzwasser eingekocht, mit Pfeffer und Petersilie gewürzt), Bettlersuppe (oder „Hoidnsuppe“), benannt nach den „Hoidn“, den Zinsleuten, die keine Bauern waren und nach Ostern „ins Österreich“ arbeiten gehen mussten: geschälte Erdäpfel werden in Salzwasser gekocht, die Suppe mit Mehl eingedickt, eventuell mit Rahm verbessert, geschmalzen, mit Essig und Kümmel gewürzt), Brot- und Semmelsuppe (in Schmalz angeröstete, würfelig geschnittene Semmeln oder Brot werden mit Wasser aufgegossen. (50)

Niederösterreich: (51)
Die in Niederösterreich gebräuchlichste Frühstückssuppe war die Sto- oder Stoßsuppe (Stoß, Stotz oder Stutz = dick gewordene, geronnen Milch (52)). Mehl und etwas Salz werden mit saurer Milch abgesprudelt, in siedendes Wasser gegeben und aufkochen gelassen. Dann wird Brot eingebrockt oder es werden gekochte Erdäpfel in der Schale dazugereicht. Ferner aß man Grammel- oder Zwiebelsuppe (Grammeln oder Zwiebeln werden in viel Schmalz geröstet und dann in siedendes Wasser geschüttet) und Einbrennsuppe. Dazu wurde Brot eingebrockt, „dass sich der Löffel umbog“.

Oberösterreich: (52a)
In Linz und Umgebung hatte sich um 1900 der Milchkaffe zum Frühstück allgemein durchgesetzt. Am Land gab es Milch- oder Einbrennsuppe.

Kärnten: (53)
Zum „Fruahstuckn“ kamen jahraus, jahrein „Milimuas, Sterz oder Plenten, Brennsuppen oder Munken“ auf den Tisch .

Salzburg: (54)
Zum Frühstück wurde Mus oder Sterz gekocht und dazu Magermilch, Kaffee oder Schottsuppe gereicht. Die Schottsuppe wurde entweder aus der Rührmilch, dem Schotten als Rückstand beim Buttern, oder aus dem Almschotten, dem Rückstand beim Käsen, bereitet. Der Schotten wurde mit Weizenmehl, Rahm und Kümmel kalt angerührt, mit heißem Wasser überbrüht und dann über Brotschnitten gegossen. An die Stelle des Breis trat bei leichterer Arbeit, besonders im Winter, die Milchsuppe, die aus Brotschnitten, heißer Vollmilch und etwas Salz bereitet wurde. Sie galt auch als Sonntagsfrühstück. Anstatt Milchsuppe gab es dann und wann auch andere Suppen: die überall bekannte Einbrennsuppe, die Mischling- oder Pinzgersuppe, Wasserfarfeln und in der Gegend von Lofer und Unken auch eine Brotsuppe, die “Schnälz-„ oder „Jagerhundsuppe“ genannt wurde: Brotschnitten wurden gesalzen und dann mit Zwiebelschmalz abgeschmalzen.

Tirol: (55)
Im Stubai-, Ötz-, Pitz- und Passeiertal aß man ähnliche Suppen wie in Salzburg: Brennsuppe, mit Wasser oder Milch aufgegossen, auch Wasserschidln (vgl. Farferln). Um 1912 soll es an kalten Tagen auch eine Branntweinsuppe gegeben haben.

2.2. Mittagsmahlzeit

Bei der Mittagsmahlzeit ist die Suppe entweder Vorspeise oder mit Knödeln als Einlage (vorwiegend im bäuerlichen Bereich) auch Hauptspeise.

Burgenland (56), Niederösterreich (57), Oberösterreich: Die Suppe war stets Vorspeise, mit Sterz allerdings wurde sie gemeinsam aufgetragen und zum Sterz gegessen (dabei konnte die Suppe auch durch Kaffee ersetzt werden). Das Angebot, das es beim Frühstück gibt, wird durch Bohnen-, Kraut-, Fisolen- oder Schwammerlsuppe erweitert. Das jeweilige Gemüse wird gekocht, eingebrannt und eventuell mit Rahm verbessert. Seltener kommen Fleischsuppen auf den Tisch (Rind-, Selch-, Geflügel-, schweinerne Suppe). Sie bleiben den Sonn- und Feiertagen und den Schlachtterminen vorbehalten.

Steiermark: (58)
Zu den kulinarischen Genüssen der Steiermark zählen neben dem Sterz die Suppen. Zum Sterz selbst isst man Schwammsuppe. Man kennt die „Klachelsuppe“, eine Brühe aus zerhackten Schweinsfüßen, die „Verhackertsuppe“, die mit kleinen Fleischstückchen verbessert wird, Milch-, Mehl-, Einbrenn- und Schottsuppe. Die Rindsuppe ist den Feiertagen vorbehalten.

Kärnten: (59)
An Montagen pflegte man in Kärnten „Störzerknödel“ zu essen. Das sind Knödel aus Mehl und gesottenem oder geselchtem Fleisch, die in Fleischbrühe aufgetragen und damit auch gegessen werden. Damit ist die Suppe zur Hauptspeise avanciert. Oft werden Salat oder Sauerkraut als Vorspeise genommen. Ferner kennt man noch Krautsuppe (aus Sauerkraut) und „Ruabnsuppn“ (aus sauren Rüben). Letztere soll ein gutes Mittel gegen Magengeschwüre und mit Rahm „abgemacht“ ein Leckerbissen sein. Fleischsuppen sind wie überall den Feiertagen vorbehalten.

Salzburg und Tirol: (60)
Neben dem Sauerkraut oder dem Salat gilt hier die Suppe sowohl als Vorspeise (Erdäpfel-, Brot-, Brenn-, Gemüse-, Einmachsuppe) als auch mit Knödeln als Hauptspeise. Die Knödel werden mit Fleisch- oder Abschmalzsuppe gegessen, Fastenknödel (leere Knödel) auch mit Brenn- oder Erbsensuppe. Als vollständige Mahlzeit galten auch die „Jagersuppe“ (Eierschmarrensuppe mit Selchfleischeinlage), die Schlemmhaxlsuppe (gute, nicht zu dicke Einbrennsuppe, in die gekochte Suppennudeln gegeben wurden), die meist im Winter gekocht wurden.

2.3. Abendmahlzeit

Bei der Einfachheit der bäuerlichen Lebensweise ähnelte das Nachtmahl oft dem Frühstück: Man aß Stosuppe, in die man Brot einbröckelte (Niederösterreich), Milchsuppe oder Farferln (Kärnten), Einbrennsuppe, seltener Schottsuppe. An besonderen Feiertagen gab es in Salzburg Germkrapfen mit „Haderlumpensuppe“, einer süßen Brühe aus Dörrkirschen oder –zwetschken. Im Südosten Kärntens verzehrte man abwechselnd Mehlsuppe, Milchsuppe oder Fisolensuppe mit Brein (61). Auch beim Abendessen ist die Suppe teilweise dem Kaffee gewichen.

2.4. Zwischenmahlzeiten

Zwischenmahlzeiten waren im bäuerlichen Bereich nicht überall üblich, hießen aber etwa in Niederösterreich und Oberösterreich gleichfalls Suppe, was noch auf die mittelalterlichen Mahlzeiteneinteilung zurückgehen soll. (61a) Hin und wieder aß man am Sonntag, wenn man aus der Kirche kam, eine Fleischbrühe. Die Linzer vergönnten sich im nahen Gasthaus zum Gabelfrühstück eine Ochsenschwanzsuppe. Die Tiroler Bauern halfen sich nach einem Katzenjammer zur Vormittagsjause mit einer „versoffenen Suppn“ oder „Schnallsuppen“ (Brotschnitten, Knoblauch, Zwiebel und zwei „Boller“Käse, siedendes Wasser drauf und einbrennen). Sie kannten neben der sauren Milchsuppe auch eine „saure Suppe“, die aus schweinernem Bauchfleisch, Einbrenn und entsprechenden Gewürzen bereitet wurde, und die man auch zu Abend essen konnte. (63)

3. Suppe als Fest- und Brauchspeise

Suppe, vor allem Rindsuppe, war/ist ein fester Bestandteil aller Festmähler wie Tauf-, Hochzeits- oder Totenmahl.

3.1. Taufmahl

Im oberen Innviertel kannte man zusätzlich zur Suppe beim festlichen Taufmahl noch eine „Godensuppe“, die den Eltern des Kindes gekocht wurde, wenn sie etwa vier Wochen vor der Geburt zum Gevatterbitten kamen. Auch der in jüngerer Zeit bei diesem Anlass angebotene Kaffe wurde noch immer Suppe genannt. (64)

3.2. Hochzeitsmahl

In Tirol waren die Gäste schon zu einem „Frühsuppenmahl“ geladen (65), was aber kein Einzelfall gewesen sein dürfte, sonst könnte Schmeller (66) nicht zitieren: „…über die Morgensuppen … wird schon durch ein Mandat von 1587 geklagt, daß sich bey ihr die Hochzeitsgäste also gütlich tun, dass sy talker und voller Weiß erst umb eilf oder zwelff Uhr mit poldern und schreyen und ander ungepür in die Khirche khommen…“

Das Hochzeitsmahl war/ist, immer sehr reichhaltig. Es wird praktisch ohne regionale Unterschiede stets durch eine Rindsuppe mit verschiedenen Einlagen, wie weißen Brotschnitten, Nudeln, Gerstengrütze, Reis usw. eingeleitet. Auch frische Würste konnten in die Suppe getan werden, was anscheinend als besonders festlich galt. Bei größeren Hochzeiten begann man vier bis fünf Mal mit der Suppe und beschloss die jeweilige „Abteilung“ mit einem Braten. (67)

Eine Eigenart des Hochzeitsmahles besteht darin, dass neben der zeitlosen Rindsuppe oft auch altartige Suppen, wie Milch- oder saure Suppen auf den Tisch kommen: „Es folgt Richt auf Richt: Suppe, Rindfleisch, Braten oder Schnitzel, Krapfen, saure Suppe, Schmalzgebäck.“ (68) Die Vielfalt des Mahles erklärt Wiegelmann einerseits aus der Übernahme modischer, aus Stadt und Oberschicht herrührender Speisen, zum anderen aus der Bewahrung alter, brauchgebundener Speisen. (69)

Eine Besonderheit des Hochzeitsmahles sind die Reissuppen, die in Kärnten und Steiermark, aber auch im Norden Österreichs häufig genannt werden. Dahinter vermutet Wiegelmann vor allem in Kärnten eine Ausstrahlung der Wiener Küche und ferner „eine Häufung von festlichen Reisspeisen in dem Bereich, durch den die Handelswege des Reisimports von Oberitalien und den Adriahäfen nach Wien führten.“ (70) In den übrigen Gebieten bezeichnet er die Reissuppen als Nachfolgerinnen des Reisbreis und diesen wieder als Nachfolger des Hirsebreis, der als Segen und Fruchtbarkeit bringend bei keiner Hochzeit fehlen durfte. (71)

Auch die in Linz aufgetragene Fischrogensuppe sollte Kindersegen verheißen.

Wie viel Wert der Suppe beim Hochzeitsmahl beigemessen wurde, geht auch aus dem Brauch im Pinzgau (Salzburg) hervor, wonach die Braut sich, ehe die Suppe aufgetragen wird, in die Küche begeben muss, um sie zu salzen. (73)

3.3. Totenmahl

Über die beim Totenmahl üblichen Suppen werden keine Einzelheiten berichtet. Meist handelt es sich – sofern es ein größeres Mahl ist – um Rindsuppen, oft wird aber auch nur Gulasch oder ähnliches gegessen. Lediglich Commenda (74) vermerkt für Linz, dass man dort um 1900 noch vielfach in ländlicher Art zu Beginn des Mahles Schöberlsuppe gegessen hätte.

3.4. Suppen im Jahresbrauch

Im Jahresbrauch kann Suppe von einem gewöhnlichen Nahrungsmittel zur Kultspeise aufgewertet werden.

6. Jänner, Dreikönig:
Zur Kultspeise aufgewertet wird die Suppe etwa im nördlichen Mühlviertel, wo sich die weiblichen Hausleute am Abend der großen Rauhnacht (6. Jänner, Dreikönig) mit den Resten der Abendsuppe (meist Kaffee) beschütteten, wobei vor allem die Bäuerin besonders nass werden sollte, damit die Stalltiere gut gedeihen und die Hennen viel legen. (75)

Mit dieser Fruchtbarkeitssymbolik rückt die Suppe beträchtlich in die Nähe der Percht- oder Dreikönigsmilch, die unter Berücksichtigung verschiedener Rituale am Dreikönigstag gegessen wird. Die Bezeichnung „Suppe“ fehlt hier allerdings, doch fanden wir Semmelbrocken und darüber geschüttete Milch auch schon bei den Suppenrezepten. Die „weißen Speisen“, wie Semmeln und Milch finden im Totenkult und bei Speiseopfern häufig Verwendung. Von der Perchtmilch soll jeder Hausbewohner essen. Die Reste werden für die Frau Percht, die Führerin des Totenheeres, die über Segen und Fruchtbarkeit gebietet, über Nacht stehen gelassen und am Morgen wieder zuerst an die Hausbewohner und schließlich an die Hühner verfüttert. (76)

Allerseelen:
Eine ähnliche Semmelmilch aß man auch am Vorabend des Allerseelentages in Oberösterreich: Die Semmeln dafür mussten extra gebacken werden und durften nicht geschnitten, sondern nur in die Milch gebrockt werden. Man sollte davon nichts verschütten, damit eine arme Seele erlöst wird. Wie nahe sich Semmelmilch und Suppe auch in diesem Fall stehen, belegen die Nachrichten aus Hobelschlag, Hof am Hausruck und Mörschwang in Oberösterreich. Am Armenseelentag aß man Nudelsuppe aus der gemeinsamen Schüssel so sorgfältig, dass kein Tropen verschüttet und keine Nudel abgerissen wurde. Auf diese Weise konnte man eine arme Seele erlösen. (77)

Weihnachten:
Segenbringende Wirkung sollten auch die am Hl. Abend zu Mittag, häufiger am Abend üblichen Störi-(Kletzenbrot-), Kletzen- oder Dörratsuppen haben. Sie wurden entweder aus Kletzen oder ähnlichem Dörrobst gekocht oder man verwendete einfach Schnitten des weihnachtlichen Kletzenbrotes als Suppeneinlage. Diese Suppen beziehen ihre Kraft aus der „Heiligkeit“ des Kletzenbrotes. (78)

In der Steiermark kochte man zu Weihnachten auch eine Apfelspaltensuppe oder ersetzte in neuerer Zeit die Dörrobstsuppe durch eine Weinsuppe. In Weyregg in Oberösterreich gießt man die Zwetschkensuppe über aufgeschnittenes Brot. Auch gekochte und eingebrannte Rosinen, mit Nelken und Zimt gewürzt, sind als Weinbeersuppe eine von vielen Variationsmöglichkeiten. (79)

Diese Dörrobstsuppen haben aber nicht nur als eine Art von Fastensuppen ihren Platz am Speisezettel des als Fasttag betrachteten 24. Dezember, sondern werden in Oberösterreich auch als Mettensuppen auf den Tisch gebracht, d.h. als Suppen, die nach dem mitternächtlichen Kirchgang, der das Ende des Fasttages bedeutet, als Festmahl auf den Tisch kommen.

Als Mettensuppe serviert man aber nicht nur in genügsamer Weise diese bescheidenen Gerichte, sondern kennt von Tirol bis ins westliche Niederösterreich üppige Fleischbrühen. Sie werden über gebähte, gesalzene und gepfefferte Semmelbrotschnitten gegossen, auf denen gekochtes Rind- oder Schweinefleisch liegt. Wie bei Kultspeisen oft üblich, ist dies eine der frühestens Suppenbereitungsarten, wie sie auch dem Norden Europas belegt sind. (80) In Salzburg und Oberösterreich kennt man an ihrer Stelle auch die „Schneidnudelsuppen“ (breite Bandnudeln in Rindsuppe) mit Würsten.

Dass es sich dabei tatsächlich um ganz besondere Speisen und nicht einfach um irgendein besseres Essen handelt, beweist die Vorschrift, dass die Mettensuppe auf dem Mettenstock, einem besonders knorrigen Holzklotz, der im mittleren Innviertel eigens zu diesem Zweck aufgehoben wird, gekocht werden muss. Auch die Ereignisse beim Heimweg von der Mette sind von Vorbedeutung: Wer hinfällt, „schüttet die Mette oder die Mettensuppe aus“ und hat für das nächste Jahr Krankheit und Tod zu befürchten. Für ihn ist alles vergeblich, was er in der Mette gebetet hat und er erhält nichts von der Mettensuppe.

Allerdings werden in den letzten Jahren auch die Mettensuppen oft schon durch Kaffee verdrängt. (81)

Fastenzeit:
Besonders strenge Fasttage waren, der Hl. Abend, der Aschermittwoch und vor allem der Karfreitag. Man pflegte an ihnen, wenn überhaupt, nur wenig, kalte oder höchstens flüssige Nahrung zu sich zu nehmen: Einbrenn-, Wasser-, Brot-, Zwiebel- oder Knoblauchsuppe waren übliche Fastenspeisen. (82) In Niederösterreich aß man am Karfreitag Bohnensuppe oder Bohnensalat. (83)

Die Fastensuppe schlechthin aber war die Bretzen- oder Beugelsuppe, die in Österreich und darüber hinaus ihre Verwendung fand. In Salzburg wurden dazu eigene, ungesalzene Bretzen angefertigt, die in Schmalz geröstet und in Wasser aufgeweicht oder auch ohne Schmalz und nur in Wasser aufgeweicht gegessen wurden. (84)

Am Gründonnerstag soll man bekanntlich etwas Grünes essen. Die Assoziationen dabei sind eindeutig: Frühjahrsbeginn und die Segen bringende Wirkung des jungen Grüns. Dementsprechend wird zu einer Sieben- oder Neunkräutersuppe geraten, wobei die magischen, Glück bringenden Zahlen (7 oder 9) den Segen der Kräuter noch vermehren mögen. (85)

4. Suppe als Kranken- und Rekonvaleszentenkost

In der Diätetik spielen Suppen als Kräftigungsmittel eine bedeutende Rolle.

Vor allem für Wöchnerinnen hielt man sie für ein besonders geeignetes Nahrungsmittel. Schon auf spätmittelalterlichen Altartafeln sind Maria nach der Geburt Suppe essend oder der Suppe kochende Josef dargestellt. (86)

A. Gamerith widmete den Wöchnerinnensuppen in der Steiermark einen eigenen Aufsatz (87): Die Kindbettsuppen waren immer sehr dünn, mit wenig Mehl, wenig Semmeln, fast nicht gesalzen. In den ersten Tagen erhielt die Wöchnerin nur eine Semmelsuppe: „das waren ein paar Bröckln Semmel in einem bohnengroßen Fettbröckl (meist Butter oder Butterschmalz) geröstet, mit Wasser aufgossen, völlig gar nix gsalzn, bißl Kümmel dazu, sonst nix, gar nix….“ Eventuell konnte man statt mit Kümmel auch mit Anis oder Petersil würzen. In der Obersteiermark gab man der Wöchnerin manchmal auch eine dünne Rahmsuppe, bei großem Schwächezustand eventuell auch ein Weinsüppl: „in kochendes Wasser ein bissl Zucker, ein bissl Zimt,. ein bissl Wein und dies über weiße Brotschnitten gegossen.“ Erst am dritten Tag nach der Geburt ging man zur Hühnersuppe über, die dann auch eingemacht werden konnte. Hühnersuppe war in ganz Österreich eine beliebt Wöchnerinnenkost (88). Deshalb gehörte auch zum „Weisat“, den Geschenken, die die Wöchnerin von Verwandten und Bekannten erhielt, immer auch eine Henne.

Hühnersuppe galt auch bei Krankheiten als kräftigend. Im Krankheitsfall kamen auch noch andere Suppen zum Einsatz: In Kärnten hielt man z.B. die Rübensuppe aus sauren Rüben, die auch schon im mittelalterlichen Kochbüchlein von Tegernsee erwähnt wird (89), für ein probates Mittel gegen Magengeschwüre. (90)

Die zur Ader gelassenen Mönche erhielten gemäß ihrer Speisenordnung zur Kräftigung eine Wein- oder Wassersuppe (91).

Hatte man zu tief ins Glas geguckt, so halfen die steirische Klachelsuppe oder die tirolische Schnallsuppe.

5. Suppeneinlagen

Suppeneinlagen können von verschiedener Beschaffenheit sein. Neben den allgemein bekannten sei nur auf einige Besonderheiten hingewiesen:

Am häufigsten verwendete man Getreideprodukte, wobei Brot an erster Stelle stand. Besonders in den Alpenländern zwangen die geringe Häufigkeit des Brotbackens und die dadurch entsprechende Härte des Brotes dazu, das Brot in Suppe aufzuweichen. (92) Zur Zerkleinerung des Brotes verwendete man eigene Brothobel, Brotgrambeln oder auch Brockenmesser. (93)

In Österreich vielfach üblich sind auch Knödel, gefüllt oder ungefüllt, als Suppeneinlage, womit die Suppe zur Hauptspeise aufgewertet werden kann. (94)

Zu den ältesten bekannten Einlagen gehörten die Farferln, in Tirol Pfarfn, in Kärnten Farfalan, in der Steiermark Farfadla, in Niederösterreich Foaferln genannt. Es sind Mehlkügelchen, die in kochende Milch oder Wasser eingetropft werden. Schon im Mitteltalter verstand man unter „varvel“ eine Art Teig aus Mehl und Eiern, der zerkleinert in die Suppe gerührt wird. In der niederösterreichischen Dichtung „Seifried Helbling“ aus dem ausgehenden 13. Jh. heißt es schon: „…die varveln sint guot…“.n (95)

6. Suppe in Redensarten und Erzählungen

6.1. Redensarten und Aberglauben

Redensarten und Aberglauben bezeugen, dass die Suppe nicht nur als gewöhnliches Nahrungsmittel betrachtet wurde.

Wer lang(sam) Suppen isst, lebt lang.
Fällt beim Einbrocken ein größeres Stück Brot in die Suppe, gibt es bald eine Kindstauf. (96)
Die Suppe ausessen, die man sich eingebrockt hat.
Jemandem die Suppe versalzen. (97)
rote Suppe, rote Brühe als Synonym für Blut
in der Suppe Sitzen = in einer schlimmen Lage sein
Gesegne dir Gott die Suppen“ = Na, wart nur!
Die Suppe verschütten = sich jemandes Gunst verscherzen
Ich bin auch nicht auf der Wasser-, Nudelsuppe dahergeschwommen
Brennsupppen-Lenz = Mensch, der schlecht, aber viel isst
Suppen-Lalli = kraftloser Mensch (98)

Bei Schmeller findet sich ein Zitat aus dem 15. Jh., wo Suppe für „Gift“ steht: „Der frum verlor sein Leben, im wart ein suplin geben.“

Dass Suppe als Medium nicht nur für Giftmischer, sondern auch für magische Zwecke dient, belegt das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (99): Im Jahre 1530 wollte ein Schatzgräber einen Schatz haben, aber da er die Zaubersuppe vergessen hatte, ist die Grube eingefallen und hat ihn verschüttet. Eine Zaubersuppe konnte hieb- und stichfest machen und man kannte Suppen im Liebes- und Schadenszauber.

6.2. Erzählungen

Haiding, Österreichs Märchenschatz (100): Die Wahrheit und die Lüge: Die kranke Prinzessin darf nur Kälbersuppe essen.
Der schlaue Hansl: Hansl muss für den Pfarrer, der an sein Geld will, Fleischsuppe aus der geschlachteten Kuh mit Petersil und Zeller kochen, kocht aber zum großen Ärgernis des Pfarrers die beiden Hunde „Petersüll“ und Zöller“ und erhält das Geld des Pfarrers.

Grimm-Märchen (101): Das Rätsel: Räuber, Wirt und Hexen essen zusammen eine Schüssel mit Suppe, in die das Fleisch des vergifteten Raben gehackt wurde. Alle fallen tot um. Allerleirauh: Allerleirauh kocht dreimal Suppe für den König, in die sie jeweils ein Erkennungszeichen hineinlegt.
Der alte Großvater und sein Enkel: Der Großvater ist schon so alt, dass er die Suppe aufs Tischtuch verschüttet und deshalb im letzten Winkel essen muss. Das Waldhaus: Das jüngste Mädchen kommt ins Waldhaus, versorgt die Tiere und kocht für den Alten eine gute Suppe. Alle werden erlöst.

Spieß-Mudrak, Hausschatz deutscher Märchen (102):
Die drei Schwäne: Trautchen findet ihre Brüder, die drei Schwäne, und kocht eine Suppe für sie.
Der weiße Wolf: Das Mädchen kommt zum Wind, zur Sonne und zum Mond und isst mit allen dreien Hühnersuppe. Die Hühnerknöchelchen nimmt sie mit und benötigt sie zur Ersteigung des Glasberges.

Geramb, Kinder- und Hausmärchen (103):
Die Prinzessin in der Hölle: Hans wird von der Prinzessin vor dem Drachen versteckt. Als dieser Menschenfleisch zu riechen glaubt, beruhigt sie ihn, ihr sei nur die Brennsuppe übergegangen. Der schlafende Hof: Ein alter Bettler kommt zu einem reichen Bauernhof und bittet um warme Suppe und Nachtlager, wird aber abgewiesen. Strafe folgt. In der armen Waldkeusche erhält der Alte sein wärmendes Süpplein. Belohnung folgt.

Haiding, Österreichs Sagenschatz (104):
Nr. 110: Der liebe Gott kommt als armer Handwerksbursche zu armen Leuten und wird mit einem Hühnersüpplein vom einzigen Huhn bewirtet. Belohnung folgt. Der Reiche schlachtet sämtliche Hühner für die Suppe, weil er auch so eine großzügige Belohnung haben möchte. Bestrafung für Habgier folgt. Nr. 196. Lohn der Gastfreundschaft: Ähnlich wir Nr. 110, aber statt Hühnersuppe Einbrennsuppe.

6.3. Lieder (106)

Hirtenlied aus Mitterdorf im Mürztal:
„…der Toni bringt a Lampl und an Wein,
die Miadl Milchsuppen und Semmelbrocken drein.“

Gstanzl aus der Steiermark:
„He lusti, wohlauf,
is der steirische Brauch,
a türkischer Sterz
und a Schwammsuppn drauf.“

Anmerkungen:

1.Kluge, Friedrich: Etymologsches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearb. V. W. Mitzka, Berlin 1963, S. 627 und 765
Schmeller, J.A: Bayerisches Wörterbuch Bd. II, München 1877, Sp. 318
2.Schrader, o.: Sprachvergleichung und Urgeschichte, Jena 1890, S. 456
3.Heyne, M.: Das deutsche Nahrungswesen, Leipzig 1901; S. 266 ff.
Fahrenkamp, Hans J.: Wie man eyn teutsches Mannsbild bey Kräfften hält. Die Küchengeheimnisse des Mittelalters. Kochbuchverlag Heimeran o.J., S. 15
Teuteberg, H. und Wiegelmann, G.: Der Wandel der Nahrungsgewohnheiten unter dem Einfluß der Industrialisierung. Studien zum Wandel von Gesellschaft und Bildung im 19. Jh. Bd. III, Göttingen 1972, S. 34 Schwarz, D.W.H.: Sachgüter und Lebensformen. Einführung in die materielle Kulturgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Grundlagen der Germanistik Bd. 11, Berlin 1970, S. 129 ff Fischler, H. und Rotzler, W.: Kulturgeschichte der Suppe. Wegleitung 1208 des Kunstgewerbemuserums der Stadt Zürich. Zürich 1957
4.Wiegelmann, Günther: Kontinuität und Konstanz in der Volksnahrung. In: Kontinuität? Geschichtlichkeit und Dauer als volkskundliches Problem. HG. V: H. Bausinger und W. Brückner, Berlin 1969, S. 158 ff. 5.5. Fischli und Rotzler, a.a.O.
6.Reynitsch, W.: Uiber Truhten und Truhtensteine, Barden und Bardenlieder. Feste, Schmäuse und Gerichte der Teutschen nebst Urkunden. Landwirtschaftliches Museum Brunnenburg, Schriften 4, Gotha 1802 – Tirol 1974, S. 12
7.Heyne, a.a.O., S 287
8.Fahrenkamp, a.a.O., S. 15
9.Wiegelmann, Günther: Alltags- und Festspeisen. Wandel und gegenwärtige Stellung. Atlas der deutschen Volkskunde N.F, Beiheft 1, Marburg 1967, S. 31
10.ders. A.a.O. S. 30
11.Zimmermann, G.: Ordensleben und Lebensstandard. Die cura corporis in den Ordensvorschriften des abendländischen Hochmittelalters., Münster o.J., S. 57
12.Fahrenkamp, a.a.O., S. 17
13.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O., S. 135
14.Commenda, Hans: Volkskunde der Stadt Linz an der Donau, 2 Bde. Hg. v. Kulturamt der Standt Linz, Linz 1959, II, S. 57
15.Fahrenkamp, a.a.O., S. 18
16.Fahrenkamp, a.a.O., S. 19; Fischli und Rotzler, a.a.O.
17.Fischli und Rotzler, a.a.O.
18.Herrig, Gertrud: Ländliche Nahrung im Strukturwandel des 20. Jh. Kultureller Wandel, Bd. I hg. V. R. Schott und G. Wiegelmann, Meisenheim am Glan 1974, S. 92
19.Wiegelmann, Kontinuität, a.a.O. S. 160 f.
20.vgl. dazu Gamerith, A.: „Hirsch“ und „Pfennig“. In ÖZV, Wien 1956, S. 97 – 112
21.Fischli und Rotzler, a.a.O.
22.Rath, E.: Vom Essen und Trinken. In: Österr. Volkskunde für Jedermann, hg. v. A. Mais, Wien 1952, S. 207
23.Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, a.a.O. S. 56
24.Horn, Erna: Das Altbayerische Küchenjahr, Passau 1974, S. 210
25.Rath, E.: a.a.O.
26.Schmidt, Leopold: Volksnahrung in Österreich. In: Neue Ordnung, Bad XVI, Wien 1947, S. 20
27.Gamerith; A.: Die Nahrung des steirischen Bauern. In: Katalog der Ausstellung „Der steirische Bauer. Veröff. d. Stak. Landesarchivs, Bd. 4, Graz 1966, S. 366 Gamerith, A.: Feuerstättenbedingte Kochtechniken und Speisen. In: Ethnologia Scandinavia, 1971, S. 78 ff.
28.Gaal, Karoly: Soziale und wirtschaftliche Zusammenhänge in der Änderung der Kochausrüstung. In: Ethnologia Scandinavia, 1971, S. 74 ff.
29.Bothar, M.F.: Von den Speisen der Heinzen. In: Volk und Heimat, Bd. VI, 1953, Nr. 6, S. 4 f. und Nr. 7, S. 10
30.Schmidt, L.: Volksnahrung, a.a.O. S. 23
31.Fischli und Rotzler, a.a.O.
32.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O. S. 242
33.Commenda, a.a.O., S. 58 ff.
34.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O. S.273
35.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O. S. 80f.
36.Fischler und Rotzler, a.a.O.
37.Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, a.a.O. S.14
38.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O. S.46
39.Norsander, Göran: Heringssuppe. Zum ethnologischen Aspekt eines Gerichts. In: Ethnologia Scandinavia, 1971, S. 182
40.Commenda, a.a.O.
vgl. dazu auch Abel, Wilhelm: Massenarbeit und Hungerkrisen im vorindustriellen Deutschland, Göttingen 1972, S. 55 41.Schmeller, a.a.O., Sp. 318
42.Buchinger, Josef: Vom Essen und Trinken (in der Umgebung von St. Pölten). In: Bauernbundkalender 1948, S. 122
43.Zitiert nach Bothar, a.a.O. S. 4
44.Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, a.a.O. S.31 u. S. 55 f.
45.Schmeller a.a.O., Sp. 318
46.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O. Karte 5
47.eigene Aufzeichnung
48.Teuteberg und Wiegelmann, a.a.O. S.273
49.Commenda, a.a.O. S.61
50.Pauly, Erika, Dissertation am Institut für Volkskunde, S. 166 und 176
51.Höfer, Karl: Waldviertler Kost und Küche. In: Das Waldviertel, N.F. Bad. II, 1953, S. 71
Schmidt, Leopold: Volkskunde von Niederösterreich, 2 Bde, Horn 1966 und 1972, S. 362
Buchinger, a.a.O., S. 120
52.Schmeller, a.a.O., Sp. 788 u. 800
52 a: Commenda, a.a.O. S. 75
53.Prasch, H.: Bäuerliche Volkskunde Kärntens. In: Geschichte der Kärntner Landwirtschaft, hg. v.d. Kammer f. Land- und Forstwirtschaft in Kärnten, Klagenfurt 1966, S. 122
54.Wirleitner, F.: Die Bauernkost im Lande Salzburg, Salzburg o.J.
55.Hubatschek, E.: Über die Alltagskost beim Tiroler Bergbauern. In: Festschrift f. H. Wopfner, Innsbruck 1948, S. 160
56.Pauly, a.a.O., S. 167 ff.
57.Schmidt, L.: Volkskunde a.a.O. S. 367 Buchinger, a.a.O. S. 127
58.Schlossar, Anton: Wie man in Steiermark isst und trinkt. In: Cultur- und Sittenbilder aus Steiermark, Graz 1885, S. 14
59.Prasch, a.a.o. S. 125
60.Wirleitner, a.a.O.
Hubatschek, E.: Alltagskost a.a.O. S. 165 f:
61.Hubatschek, E.: Bauernhöfe im südöstlichen Kärntnen. Archiv f. vaterländ. Geschichte und Topographie, Bd. 64, Klagenfurt 1970, S. 95
62.Kranzmeyer, Eberhard: Kärntner Bauernkost und ihre Geschichte. In: Carinthia I, 139, 1949, S. 448
63.Hubatschek, Alltagskost, a.a.O. S. 163 u. 177
64. Binna, Albert: Geburt und Taufe im oberösterreichischen Brauchtum. In: Volkskundliches aus Österreich du Südtirol hg. V. A. Dörrer und L. Schmidt, Wien 1974, S. 33
65.Kohl, F.F:: Die Tiroler Bauernhochzeit. Quellen und Forschungen zur deutschen Volkskunde, Bd. III, Wien 1908, S. 212
66.Schmeller, a.a.o.
67.Schlossar, a.a.O. S. 141
68.Rath, E.: a.a.O., S. 218
69.Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, a.a.O. S.154
70.Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, a.a.O. S.154
71.Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen, a.a.O. S.113 ff.
Gamerith, „Hirsch“, a.a.O. S. 109
72.Commenda, a.a.O., I, S. 75
73.Adrian, Karl: Von Salzburger Sitt und Brauch. Deutsche Hausbücherei, Bd. 135 – 138, Wien 1924, S. 32
74.Commenda, a.a.O. I, S: 75
75.Burgstaller, Ernst: Das Allerseelenbrot, Linz 1977, S. 110
76.vgl. dazu: Fielhauer, Helmut P.: Mittwintermasken in Niederösterreich, Habilschrift, maschinschr. Wien
77.Burgstaller, Allerseelenbrot, a.a.O. S. 25
78.Burgstaller, Ernst: Brauchtumsgebäcke und Weihnachtsspeisen. Veröff. d. Kommission für den Volkskundeatlas 2, Linz 1957, S. 36, 88 u. 117
79.Burgstaller; Brauchtumsgebäcke, a.a.O. S. 72 u. 88
Burgstaller, Ernst: Weihnachtsbrauchtum II. Thomas- Weihnacht-Dreikönig. In: Atlas von Oberösterreich, Erläuterungsband zur 2. Lieferung, Linz 1960, S. 181
80.Burgstaller; Brauchtumsgebäcke, a.a.O. S.27
81.Burgstaller; Brauchtumsgebäcke, a.a.O. S.87
Burgstaller, Weihnachtsbrauchtum II, S. 181
Adrian, K.: a.a.O. S. 36
82.Burgstaller, Weihnachtsbrauchtum II, a.a.O. S. 181
83.Teufelsbauer, L.: Das Jahresbrauchtum in Österreich. 1. Niederösterreich, Wien 1935, S. 19
84.Adrian, a.a.O. S. 98
Burgstaller; Brauchtumsgebäcke, a.a.O. S. 53
Burgstaller, Ernst: Lebendiges Jahresbrauchtum in Oberösterreich, Salzburg 1948, S. 90
85.Burgstaller; Brauchtumsgebäcke, a.a.O. S. 51
Commenda, a.a.O. S. 171
86.Fischli u. Rotzler, a.a.O.
87.Gamerith, A.: Die Nahrung des steir. Bauern, a.a.O., S. 362
88.Rath, a.a.O., S. 214
89.Zitiert nach Heyne, a.a.o. S. 325
90.Prasch, a.a.O. S. 125
91. Zimmermann, a.a.O. S. 57 f.
92.Haberlandt, Michael: Einführung in die Volkskunde, Wien 1924, S. 34
93.Gamerith, A.: Die Nahrung des steir. Bauern, a.a.O., S.365
Rath, a.a.O. 207
94.Rath, a.a.O. S. 125
95.Kranzmeyer, a.a.O., S. 455
Heyne, a.a.O., S: 324v
96.Buchinger, a.a.O. s. 122
97.Lipperheide, F.v.: Spruchwörterbuch, Berlin 1907, S. 838
98.Schmeller, a.a.O. Sp. 318 f.
99.Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hg. V. H. Bächtold-Stäubli, Bd. VIII, Berlin und Leipzig 1936/37, Sp. 612 ff.
100.Haiding, Karl: Österreichs Märchenschatz, Graz 1969, S. 184 u. 260
101.Grimm, W. u. J.: Kinder- und Hausmärchen, Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1963, Nr. 22, 66, 78 169
102.Spieß, K.v. u. Mudrak, E. (Hg.): Hausbuch deutscher Märchen, Wien-Berlin 1944; S. 266, 178, 311, 317
103.Geramb, V.v.: Kinder- und Hausmärchen aus der Steiermark, bearb. V. K. Haiding, Graz 1967, S. 76 u. 112
104.Haiding, Karl: Österreichs Sagenschatz, Wien 1965, S. 140 u. 221
105.Schlossar, a.a.O. S. 133 u. 141