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wir fahren wieder zeitig in der früh los, da uns auch heute noch eine lange autofahrt bis nach odorheiu secuiesc, unserer zweiten station, bevorsteht. csabas plan sah ursprünglich vor, dass wir über brasov nach sfantu gheorghe fahren. der dortige koch ist jedoch wegen eines krankheitsfalles verhindert. csaba empfiehltl uns deshalb, bei sibiu nicht weiter nach brasov zu fahren, sondern die direkte verbindung nach odorheiu über medias und sighisoara zu nehmen.

die E68 ist eine der hauptverbindungsrouten für den schwerverkehr in den süden und dementsprechend stark befahren. die strasse ist zwar im großen und ganzen gut ausgebaut, aber dennoch fährt man aufgrund der verkehrsdichte permanent mit erhöhter konzentration. als wir bei sibiu auf die bundesstrasse 14 abbiegen ist das verkehrsaufkommen schlagartig geringer und so bleibt mehr zeit, um die schöne landschaft zu betrachten.

für mich ist diese reise auch eine reise in eine unbekannte nachbarschaft, deren geschichte auf einer über 800 jährigen gemeinsamen vergangenheit beruht. siebenbürgen hat eine einzigartige besiedelungsgeschichte. die landläufige version dieser geschichte lautet wie folgt: der ungarische könig geza II. holte im 12. jahrhundert siedler aus dem westen des heiligen römischen reiches, deutscher nation in den südosten seines land, um dieses urbar zu machen und die grenzen des königreiches zu schützen.
tatsächlich sind sich die historiker bis heute uneins, über die genaue besiedelungsgeschichte siebenbürgens. eindeutige urkundliche beweise fehlen. anzunehmen ist wahrscheinlich eine komplexe wanderbewegung über mehrere jahrhunderte hindurch, die durch vielerlei motivationen in gang gekommen ist.
bereits um die jahrtausendwende kamen bayrische missionare nach ungarn und mit ihnen wahrscheinlich auch kolonisten. die kreuzzüge des 11. und 12. jahrhunderts trugen ebenfalls maßgeblich zur besiedelung und kolonisierung siebenbürgens bei, befand sich doch im gefolge dieser heere eine bunte mischung abenteuer- und auswanderungslustiger "westeuropäer", die die gelegenheit nutzten, in dieser fruchtbaren gegend zu bleiben, anstatt weiter in einen heiligen krieg zu ziehen. könig geza II. holte dann im 12. jahrhundert tatsächlich deutsche siedler nach transsylvanien, doch diese dürften eher kriegserfahrene, fränkische ritter gewesen sein, die in der lage waren, eine militärisch, strategische infrastruktur zu schaffen, als ein riesiger troß landloser bauern.
in verschiedenen einwanderungswellen werden zweifelohne weitere kolonisten, bauern, handwerker, etc. nachgezogen sein.

im 12. und 13. jahrhundert wurde siebenbürgen kurzzeitig auch vom deutschen ritterorden kolonisiert. der orden hatte vom ungarischen könig erhebliche privilegien erhalten, hielt sich aber mehrfach nicht an die vertraglichen vereinbarungen. außerdem war er bestrebt, ein von der ungarischen krone unabhängies, nur dem papst unterstelltes verwaltungsgebiet einzurichten, was zum bruch mit dem ungarischen könig und in der folge zur vertreibung des ordens führte.
die deutsche besiedelung siebenbürgens hat also sehr komplexe wurzeln. die bezeichnung der deutschsprechenden bevölkerung als siebenbürger sachsen ist ebensowenig eindeutig, wie die geschichte der kolonisierung. die plausibelste hypothese dazu besagt, dass es sich bei dem wort um einen generalisierenden bedeutugswandel handelt. die ursprüngliche bedeutung des ausdrucks "saxones" in den frühen urkundlichen erwähnungen des 11. und 12. jahrhunderts bezog sich auf eine standeszugehörigkeit, nämlich auf den eines ritters. der begriff war also nicht ethnisch konotiert, sondern galt als klassenbezeichung in einer standesgesellschaft. es waren deutsche ritter, vornehmlich aus der rhein- und moselgegend, die von der ungarischen, königlichen verwaltung als sachsen bezeichnet wurden. erst im weiteren verlauf der geschichte bezeichnete saxones, die aus den verschiedenen kolonisierungswellen entstandene, deutsche gemeinschaft in siebenbürgen. (empfehlenswerte lektüre dazu: w.a. baumgärtner, der vergessene weg, wie die sachsen nach siebenbürgen kamen; hora verlag sibiu, 2007).

gegen abend kommen wir in odorheiu an. eva, unsere liebenswerte betreuerin, perfekte dolmetscherin und eloquente gesprächspartnerin, während unseres gesamten, 5- tägigen aufenthaltes in dieser stadt, erwartet uns bereits. ihre mutter etelka wird heute die suppe kochen. zuvor zeigt uns eva bei einem spaziergang das zentrum von odorheiu. ein großer rechteckiger platz, in der mitte eine kleine, gepflegte parkanlage und ein neu errichtetes denkmal, das morgen offiziell eingeweiht wird. es fällt auf, dass in der stadt viele, in den letzten paar jahren gebaute denkmäler herumstehen. die meisten zeigen historische persönlichkeiten, die – wie uns eva erklärt – während der ceauşescu diktatur zu den sogenannten feinden des volkes zählten.
der versuch geschichte auszulöschen, rächt sich allemal.

zu schon ziemlich später stunde trinken wir in etelkas küche einige gläschen rotwein, lernen auf ungarisch und rumänisch "prost" sagen, nämlich " egészsévedre " und "noroc" und essen die köstlische fleischbällchensuppe.

koch: etelka
rezept: husgomboc leves (fleischbällchensuppe)
galerie: mitternächtliche fleischbällchensuppe. köstlich!
koordinaten: 46.31, 25.299

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